Wir zahlen nicht für eure Krise!

11. Februar 2010  Positionen

Eine Meinung aus dem Ortsverband Lahr zu der Verfassungsgerichtsentscheidung und der Äußerung von Herrn Weiß

Am 09.02.2010 verkündete das Bundesverfassungsgericht, dass die Bezüge der 6.8 Millionen Hart-IV-Empfänger neu berechnet werden müssten. Die Richter hatten nicht über die Höhe eines Existenzminimums entschieden, sondern nur darüber, dass die derzeitige Berechnungsmethode gegen die Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip verstößt.

Zu früh sollte man sich über dieses Urteil nicht freuen. Denn daraus folgt nicht zwangsläufig, dass der Regelsatz von momentan 359 Euro angehoben wird. Aus der CDU werden nun Stimmen laut, die nach einer Kürzung des Regelsatzes rufen.

Peter Weiß, der seit 1998 für die CDU direkt gewählte Abgeordnete im Wahlkreis Lahr-Emmendingen äußerte sich nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes in einem Interview mit der Frankfurter Rundschau. Das Bundesverfassungsgericht habe nicht gesagt, dass die Hartz-IV-Sätze zu niedrig seien sagte er. Was er damit genau meinte konkretisierte er noch weiter. „Eine Reform sollte aus meiner Sicht zu niedrigeren Regelsätzen führen“.

So äußerte sich der Vorsitzende der Arbeitnehmergruppe CDU/CSU Bundestagsfraktion und Mitglied im Ausschuss für Arbeit und Soziales.

Aus der Entscheidung des Gerichts und der Reaktion von Herrn Weiß spiegeln sich zwei bedenkliche Tendenzen wieder. Auf der einen Seite werden von unserer Bundesregierung immer wieder verfassungswidrige Bundesgesetze erlassen, welche die historisch mühsam erworbenen Freiheitsrechte und Garantien auszuhebeln versuchen. Das Verfassungsgericht wird dadurch faktisch zum Gesetzgeber, indem es einzelne Bestandteile der neuen Gesetze ablehnt und der Gesetzgeber das Gesetz daraufhin um das Minimum weniger an „Verfassungswidrigkeit“ abändert. Dies spiegelt sich auch in den ständigen Versuchen mit Hilfe von „Sicherheitsgesetzen“ die Freiheitsrechte weiter einzuschränken. Siehe Luftsicherheitsgesetz, Rasterfahndung, Vorratsdatenspeicherung, etc. Dieser ständige Verfassungsbruch ist mehr als bedenklich für einen Rechtssaat. Die Regierung versucht sich gegen einen möglichen Widerstand der Millionen ausgebeuteter Menschen in der Bundesrepublik und anderen Ländern der Welt zu wappnen. Größerem Unmut gegen die massiven Missstände in unserer Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung wird dadurch vorgebeugt, indem ein totalitärerer werdender Staat die grundrechtlich geschützten Freiheitsrechte auf repressivste Art einschränkt.

Sie, die öffentliche Gewalt verstärkt sich in dem Maße, in dem die Gegensätze zwischen den Klassen zunehmen.

Wie lange wird uns unser Verfassungsgericht wohl noch vor diesen Bestrebungen schützen können?

Auf der anderen Seite zeigt uns die Reaktion von Herrn Weiß auf die Gerichtsentscheidung, eine Tatsache, die uns schon seit längerem bekannt ist. Irgendjemand muss für die Krise zahlen. Für das Rettungspaket in Höhe von 500 Milliarden für die abgewirtschafteten Banken, die Konjunkturprogramme und die Steuererleichterungen für die Industrie. Einfacher gesagt für die Rettung des bankrotten Kapitalismus.

Wachstum schafft Arbeitsplätze und Wohlstand. Dieses Kredo der CDU/CSU und FDP wird wie eine Monstranz hochgehalten und von unseren Medien verbreitet. Auch die Sozialdemokratie hat sich dem in großen Teilen angeschlossen. Ist dem so? Haben die Unternehmenssteuerreform oder die Einführung der Leiharbeit dazu geführt, dass es der Mehrheit der Menschen, die nichts weiter als ihre Arbeitskraft zu verkaufen haben besser geht? Sind die daraus resultierenden Gewinne den Menschen zu Gute gekommen? Die Realität belehrt uns eines Anderen. Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst ständig. In den Medien werden die größten Opfer des Systems, die Hartz-IV-Empfänger einer massiven Diffamierungskampagne unterworfen und als faul sowie als Betrüger dargestellt. In der Bildzeitung wurde der „faulste Arbeitslose Deutschlands“ vorgestellt. Mittlerweile wird offen über Arbeitspflicht von Arbeitslosen diskutiert.

Die Arbeitslosen und Hartz-IV-Empfänger sind jedoch nicht „schuld“ an ihrer Situation. Verantwortlich ist die neoliberale Politik, die seit Jahren nicht gegen Massenarbeitslosigkeit, Niedriglöhne, prekäre Beschäftigung und Armut vorgeht, sonder diese Entwicklung unter dem Kredo „Wachstum schafft Arbeit“ fördert.

Der aus der massiven Ausbeutung gewonnene Mehrwert fließt nur in die Taschen einiger weniger Kapitalisten. Wo bleibt der Widerstand?

Leider sind die Gewerkschaften in Zeiten der wirtschaftlichen Krise, in der es eine Heerschar von Arbeitslosen gibt recht schwach. Dennoch ist eine IG Metall, die ohne konkrete Lohnforderungen in den Arbeitskampf geht gelinde gesagt bemitleidenswert. Man sieht wohin uns die Sozialpartnerschaft zwischen Gewerkschaften und Kapital geführt hat!

Es ist an der Zeit dem globalisierten Kapitalismus eine Absage zu erteilen. Die Menschen sollten sich gewiss sein, dass sie in dieser Gesellschaftsordnung nichts zu verlieren haben als ihre Ketten. Sie haben eine Welt zu gewinnen.

PS:

Herr Weiß. Hiermit erhalten Sie unsere Antwort auf Ihre Bestrebungen.

WIR ZAHLEN NICHT FÜR EURE KRISE!!

Verfasst von Martin Berger